Pressemitteilung - zur Entscheidung des Kulturausschusses der Stadt Frankfurt am Main gegen die Aberkennung des Theodor-W.-Adorno Preises an Judith Butler
Am 2. April 2024 stellten wir, gemeinsam mit dem Studentenparlament der Goethe Universität, Keshet Deutschland e.V., WIZO FfM und dem JuFo-DIG FfM an den Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt und den Kuratoriumsmitgliedern die Forderung zur Aberkennung des 2012 vergebenen Theodor-W.-Adorno Preises, an Judith Butler.
Bisher hat sich niemand der Adressierten bei uns gemeldet.*
Zeitnah hatte die CDU-Fraktion einen Antrag eingebracht, der unsere Forderung teilt. Dieser Antrag wurde vor etwa zwei Wochen im Kulturausschuss der Stadt Frankfurt mehrheitlich abgelehnt.
Hierbei wurden weder wir, andere Vertreter der jüdischen Gemeinde, noch der Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker zur Sitzung eingeladen und zur Diskussion einbezogen.
Die Ablehnung wurde unter anderem damit begründet, dass man nicht alle Fehler der Vergangenheit korrigieren könne. Zudem würde ein nachträglicher Entzug des Preises der Stadt schaden.
Mit großer Irritation blicken wir sowohl auf das Ergebnis, den eingebrachten Argumenten, als auch den Umgang mit unserer Forderung.
Zum Umgang:
Zunächst gehört es zu einer Demokratie, die Stimmen von Minderheiten anzuhören. Wir halten es in diesem Sachverhalt für essentiell, dass man vor jeglicher Entscheidung auch unsere Perspektiven in die Diskussion einbezieht. Nach unserem Kenntnisstand hat in der gesamten Debatte jeglicher Verweis auf uns als Forderungsstellende gefehlt.
Dass wir bis zum heutigen Tag weder vom Oberbürgermeister Mike Josef, noch von den Kuratoriumsmitgliedern kontaktiert wurden, halten wir für mehr als bedauerlich. Über das Ergebnis der Kulturausschuss-Sitzung haben wir erst über die Medien erfahren.
Zu den Argumenten:
Die Argumentation, man könne nicht alle Fehler der Vergangenheit korrigieren, ist so banal, dass wir diese nur als weiteren Hinweis fehlenden Verständnisses und Wissenslücken bezüglich des Gegenstandes der Diskussion werten können. Überraschend ist es deshalb nicht, weil in der Gesamtgesellschaft viel Unwissen über Antisemitismus vorherrscht, wovon auch Politikerinnen und Politiker betroffen sind. Wir können nicht die Vergangenheit ändern, aber wir sind gefragt, für die Zukunft in der Gegenwart die Verantwortung, in diesem Fall für israelbezogenen Antisemitismus insbesondere im akademischen Bereich, zu übernehmen.
Die Argumentation, dass eine Aberkennung der Stadt und ihren Ruf schaden würde, halten wir ebenfalls für kurz gedacht: Die Forderung kommt von uns als Vertreter jüdischer Studierende und sie wurde öffentlich von der Jüdischen Gemeinde Frankfurt unterstützt. Gerade in einer Zeit, in der jüdische Studierende mit immer größerem Antisemitismus an Hochschulen zu kämpfen haben, hatte die Stadt die Möglichkeit, ein Signal dagegen auszusenden.
Es sind nämlich Professor:innen wie Judith Butler, die dazu mitverantwortlich sind, dass sich israelbezogener Antisemitismus an Universitäten ausbreiten kann. Es sind die vielen Artikel in letzter Zeit, die einen Anstieg des Antisemitismus an Frankfurter Universitäten und Hochschtlen belegen, die eher den Politikerinnen und Politikern dieser Stadt Sorgen bereiten sollten. Auch, aber nicht primär, wegen des Ansehen der Stadt.
Unsere Forderungen:
Wir fordern alle Fraktionen des Frankfurter Stadtparlaments dazu auf:
Verurteilen Sie umgehend in aller Öffentlichkeit die menschenverachtenden Aussagen von Judith Butler und erkennen Sie die Gefahr ihrer Aussagen, insbesondere für jüdische Studierende, an.
Binden Sie Vertretende der örtlichen jüdischen Gemeinde sowie den Hessischen Beauftragten für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus konsequent in Diskussionen und Entscheidungen zur Bekämpfung von Antisemitismus ein.
Bieten Sie an allen Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung Sensibilisierungskurse für das Thema Antisemitismus in seinen modernen Erscheinungsformen mit Teilnahme auf freiwilliger Basis an und binden Sie auch hier Vertreter der jüdischen Gemeinschaft sowie den Antisemitismusbeauftragten in die Planung ein.
Wir fordern weiterhin ein klares Statement seitens des Oberbürgermeisters Mike Joseph und des Kuratoriums des Theodor-W.-Adorno Preises, welches einräumt, dass die Preisvergabe an Judith Butler aufgrund ihrer Beteiligung an der Verbreitung antisemitischen Gedankenguts ein Fehler war.
Wir bedanken uns bei den Fraktionen von CDU und ÖkoLinX, dass sie sich für unsere Forderung zur Aberkennung des Theodor-W.-Adorno Preises an Judith Butler eingesetzt haben.
Vorstand des Verbands Jüdischer Studierender Hessen
*Korrektur:
Herr Prof. Dr. Stephan Lessenich hat den Eingang unseres offenen Briefs bestätigt. Auf unsere Forderungen ist keines der Kuratoriumsmitglieder im Konkreten eingegangen.
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