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Keine Bühne für antisemitische Verharmlosung – Unsere Stellungnahme zum Auftritt von Helga Baumgarten an der Universität Marburg

  • Autorenbild: vjsh
    vjsh
  • 9. Juni
  • 3 Min. Lesezeit

Mit großer Bestürzung mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die Philipps-Universität Marburg am 7. Juni 2025 Helga Baumgarten universitäre Räumlichkeiten für eine öffentliche Veranstaltung zur Verfügung gestellt hat. Baumgarten ist seit Jahren bekannt für eine Darstellung des Nahostkonflikts, in der die antisemitische Terrororganisation Hamas verharmlost, als „Widerstandsorganisation“ bezeichnet und Israel systematisch delegitimiert wird.


Dass die Universität Marburg sich dennoch gegen einen Entzug der Räumlichkeiten im Centrum für Nah- und Mittelost-Studien entschieden hat, und dies sowohl entgegen eines Schreibens des Verbandes Jüdischer Studierender Hessen, in dem wir auf Baumgartens Relativierung der Hamas aufmerksam machen, als auch entgegen der Empfehlung ihrer eigenen Beauftragten gegen Antisemitismus, Dr. Susanne Urban, die sich mit klarer fachlicher Begründung gegen die Veranstaltung aussprach, stellt einen institutionellen Vertrauensbruch dar und sendet ein fatales Signal an jüdische Hochschulangehörige, Studierende und die gesamte akademische Öffentlichkeit.


IDEOLOGISCHE VERHARMLOSUNG EINER TERRORORGANISATION


Helga Baumgarten hat sich wiederholt in einer Weise geäußert, die mit wissenschaftlicher Seriosität und Analyse nicht vereinbar ist. Sie stellt die Hamas als „legitimen politischen Akteur“ dar, ohne deren islamistisch-antisemitische Ideologie, Gewalttaten und autoritäre Herrschaft im Gazastreifen klar zu benennen oder einzuordnen. Im Mai 2024 erklärte sie in einem Interview mit dem Format „Jung & Naiv“, die Hamas verhindere keine demokratischen Wahlen und sei grundsätzlich in der Lage, einen demokratischen Staat zu führen. Gleichzeitig äußerte sie Unverständnis darüber, wie man infrage stellen könne, dass eine islamische Organisation demokratisch regieren könne – eine Aussage, die vollständig ignoriert, dass die Hamas seit ihrer Machtübernahme in Gaza 2007 jede Form demokratischer Mitbestimmung unterdrückt, Oppositionelle verfolgt, politische Repressionen systematisch ausübt und israelische sowie jüdische Zivilist:innen verfolgt.

Darüber hinaus spricht Baumgarten Israel wiederholt die Legitimität seiner politischen Existenz und Verteidigungsfähigkeit ab, indem sie das Land einseitig als Aggressor darstellt und damit grundlegende völkerrechtliche Prinzipien infrage stellt. Solche Äußerungen sich nicht nur wissenschaftlich unhaltbar, sondern in ihrer Wirkung hochproblematisch.



DAS CNMS ALS WIEDERKEHRENDER BRENNPUNKT


Besonders kritisch sehen wir, dass diese Veranstaltung am Centrum für Nah- und Mitteloststudien (CNMS) stattfand, einem Institut, das in der Vergangenheit bereits mehrfach durch unausgewogene Formate, strukturelle Einseitigkeit und eine auffällige Bagatellisierung gegenüber israelbezogenem Antisemitismus aufgefallen ist.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete bereits 2023 über diese Entwicklungen und thematisierte die ideologische Ausrichtung des CNMS kritisch. Die Einladung Baumgartens fügt sich nahtlos in dieses Muster ein.

Aus Sicht des VJSH ist es dringend erforderlich, dass am CNMS eine Neuausrichtung erfolgt. Dazu gehört insbesondere die Einbindung ausgewiesener Israel-Expertinnen und -Experten, um eine sachlich fundierte, pluralistische und verantwortungsvolle wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Staat Israel und auch mit dem Nahostkonflikt zu ermöglichen.


Wir sagen ganz klar: Es braucht einen Lehrstuhl für Israel-Studien an der Philipps-Universität Marburg. Eine Anbindung an das CNMS kann erst nach dessen Neukonzeption erfolgen.Die Auswahl der federführenden Professor:innen sollte dabei in enger Abstimmung mit dem Netzwerk jüdischer Hochschulangehöriger und mit Konsultation u. a. der Jüdischen Akademie erfolgen.

Dass an der Universität Marburg wiederholt Personen auftreten, die antisemitische Narrative bedienen oder rechtfertigen, ist nicht länger zu ertragen.


FORDERUNGEN AN DIE UNIVERSITÄT MARBURG


Die Universität Marburg trägt Verantwortung für den Rahmen, den sie ihren Veranstaltungen gibt, insbesondere in einer gesellschaftlichen Situation, in der Antisemitismus in vielen Bereichen offen zutage tritt. Der Ruf nach Wissenschaftsfreiheit wird in diesem Kontext gezielt missbraucht und hat in Fällen wie diesem nichts mehr mit wissenschaftlicher Arbeit zu tun. Er dient vielmehr als Schutzbehauptung, um ideologische Positionen zu legitimieren und vor berechtigter Kritik abzuschirmen.


Wir fordern die Philipps-Universität Marburg auf, sich zu der Veranstaltung zu erklären und sicherzustellen, dass künftig keine Bühne für die Relativierung antisemitischer Gewalt geboten wird. Dazu gehört auch eine institutionelle Auseinandersetzung mit den Entwicklungen am CNMS sowie der strukturelle Ausbau antisemitismuskritischer und israelorientierter Perspektiven in Forschung und Lehre mittels der Einrichtung eines Lehrstuhls für Israel-Studien.

 
 

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