Pressemitteilung - unsere Reaktion auf die Antwort von Judith Butler
In der Frankfurter Rundschau erschien am 2. April 2024 eine Antwort von Judith Butler zu unserem Offenen Brief zur Aberkennung des Theodor-Adorno-Preises. Darin geht Butler nicht auf die Kernpunkte unserer Kritik ein.
Zur Klarstellung:
Wir fordern die Aberkennung des Theodor-W.-Adorno-Preises aufgrund von Butlers Weigerung, Antisemitismus und Misogynie gegenüber israelischen Frauen* klar zu benennen. Dies stellt eine Inkohärenz in ihrer ethischen Philosophie dar und wird den Lehren Adornos nicht gerecht. Daher ist unhaltbar, dass Judith Butler den Theodor-W.-Adorno-Preis der Stadt Frankfurt hält. Unsere Haltung und Reaktion auf Butlers Antwort zu unserem Brief:
1. Statt die Gewalt des 7. Oktobers als Resultat antisemitischer und islamistischer Ideologie anzuerkennen, weicht Butler, im Verweis auf die eigene ethische Philosophie, in eine generelle Verurteilung von Gewalt aus. Dabei sind die antisemitischen Motive für das Massaker nicht zu leugnen - der Erlösungsantisemitismus ist bereits der Gründungscharta der Hamas zu entnehmen. Diesen Fakt nicht eindeutig zu benennen relativiert Antisemitismus.
2. Im FR-Beitrag wird zitiert, dass Butler jegliche Form von „sexueller Gewalt, Verletzung und Mord, die seit dem 7. Oktober stattgefunden haben, einschließlich der Handlungen der Hamas“, unmissverständlich verurteilt habe. Dies entspricht nicht der Wahrheit. In Butlers Rede am 3. März 2024 in Paris wird die sexualisierte Gewalt der Hamas als „unklar“ dargestellt und weitere Dokumentation gefordert - trotz Verifizierung aus unterschiedlichen unabhängigen Stellen, darunter von UN Women. Von dieser Position hat Butler sich bis heute nicht distanziert.
3. Butler geht nicht auf unseren Vorwurf ein, das Massaker am 7. Oktober 2023 als “Befreiungskampf” relativiert zu haben. Butler bekräftigte in einem Statement auf der Seite „Le Club de Mediapart“ vom 6. März 2024 zur Paris-Rede, die Hauptmotivation der Hamas sei es, „eine koloniale Militärmacht herauszufordern, um zu zeigen, dass sie in der Lage waren, einen Einfall auf israelisches Territorium zu machen, zu töten und zu zerstören, Israel dort zu treffen, wo es weh tun würde.“. Butler konstruiert damit ein lineares Machtgefälle, in dem die Hamas als “Unterdrückte” und Israel als “Kolonialmacht” postuliert werden und macht dadurch Israelis für das Massaker verantwortlich. Butler relativiert somit den Terror und Menschenrechtsverletzungen der Hamas gegen israelische Zivilisten*innen.
4. Woran wir uns ebenfalls stören: Butler sieht sich in ihrem Kommentar in den Werten und Prinzipien ihrer Arbeit angegriffen. Sie spricht von einer „schwerwiegenden Verzerrung“. Dabei haben wir in unserem offenen Brief betont, dass wir Butlers langjährige Arbeit im Gebiet der Genderforschung anerkennen. Dennoch - wenn die Relativierung von Antisemitismus und damit verbundener Misogynie aus Butlers Theorie hervorgeht, muss es sich um ernsthafte Inkohärenzen innerhalb ihrer ethischen Philosophie handeln.
Wir halten zusammenfassend fest: Die Reaktion Butlers zeigt weder Reue, noch Einsicht, noch den Willen, aus den eigenen Fehlern zu lernen.
Die Strohmann-Argumentation und das rhetorische Ausweichmanöver von Judith Butler entkräften unsere Vorwürfe nicht. Im Gegenteil: Diese bekräftigen unseren Appell, dass jede Form von Feminismus den eigenen universalen Ansprüchen für „die Gleichgewichtigkeit dessen, was betrauert werden kann“ erst dann gerecht wird, wenn er auch alle Frauen - inklusive israelische - mitdenkt.
Wir sehen uns in unserer Forderung zur Aberkennung des Theodor-W.-Adorno-Preises an Judith Butler bestätigt und bekräftigen diese Forderung an dieser Stelle erneut.
Vorstand des Verbands Jüdischer Studierender Hessen
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